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Zwischen Links und Rechts – Wir sind alle Menschen

Ich habe durch die Märkte, aber nun auch über Mitarbeit im Sozialmarkt, meine Blase erweitert.
Ich komme jetzt mit viel mehr Menschen in Berührung, deren Ansichten sich viel weniger mit meinen überschneiden, als die von denen, mit denen ich mich freiwillig umgebe oder vernetze. Die können unter anderem rechts sein. Zum Teil fordert mich das heftig.

Ich bin konfrontiert mit richtig harten Ansichten, die mir manchmal auch ordentlich weh tun.

Ich höre salopp dahingesagte, schwerst diskriminierende Dinge, die manchmal nicht ganz, aber schon irgendwie, wirklich gedacht werden. Von Menschen die nett sind, und die ich wirklich mag.

Kopfschmerzen vorprogrammiert.

Auf der anderen Seite spaltet sich auch meine Online-Blase schön langsam. #KeinMillimeterNachRechts verlangt danach, allem, was auch nur entfernt rechts klingt, bzw. dem rechten Spektrum zuzuordnen ist, zu verbieten. Man muss dem Übel den Nährboden entziehen.

Es schnürt mir die Kehle zu.

Wir halten uns als Gesellschaft für so fortschrittlich, so überlegen, so supertoll, während wir uns in unserer zunehmenden Schein-Demokratie (darf man den Ausdruck noch benutzen?) gegeneinander aufhetzen lassen.
Die einen meinen, wir müssen Tür und Tor öffnen für alle, die meinen, sie hätten bei uns ein besseres Leben als in ihrem Herkunftsland. Die anderen meinen, man darf gar niemanden hereinlassen, sollen sie doch alle krepieren.

#RefugeesWelcome gegen #Volkstod – Jenseits von rechts und links liegt ein Ort. Dort treffen wir uns.

Da ich mich nun schon wirklich lange bemühe, eine liebevolle Haltung mir selbst und allen und allem um mich zu kultivieren, gibt es natürlich Berührungspunkte mit den verschiedensten Philosophien.
Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg ist ein tolles Beispiel, weil Rosenberg als Mediator in Krisengebieten tätig war.
Er setzte sich zum Beispiel dafür ein, dass sich Christen und Muslime aus einer Region nach zahlreichen, gewaltvollen Eskalationen wieder zuhören konnten. Das Fazit des Gespräches war, dass sie sich nicht mehr töten müssten, wenn sie so miteinander reden könnten.

„Bei einem Streit ist auf beiden Seiten der Wunsch gleich groß ernst genommen zu werden.“ – Marshall Rosenberg, Begründer der gewaltfreien Kommunikation

Nun wird die GfK von einigen Vertreter*innen leider wirklich auf wenig zielführende und anstrengende Weise angewandt, aber das hat eigentlich nichts mit der Methode an sich zu tun.
Die Krücken der vorgefertigten Floskeln und der vier Schritte, an denen manche kleben bleiben, werden irgendwann überflüssig, wenn das Prinzip integriert werden konnte.
Die gewaltfreie Kommunikation soll uns eigentlich nur helfen, die menschenfreundliche Haltung zu kultivieren, die uns den friedvollen Kontakt zueinander ermöglicht.

Aber dafür ist eben eines wichtig. Und zwar Kontakt.

Da es für mich selbstverständlich geworden ist, beide Seiten zu betrachten, sprengt es mir fast den Kopf, wenn jemand das nicht tun will.

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Quelle: Pixabay

Die Medien präsentieren uns dafür Fremde, die immer schon leichter zu hassen waren, weil sie uns emotional (noch) fern sind.

Perfekt für Menschen, die das nicht hinterfragen können oder wollen. Gut für die Medien, die dann nicht lange recherchieren und sich durchdachte Beiträge aus den Fingern saugen müssen. Äußerst gelegen für Wirtschaft und Politik, weil dann im Kämmerchen über viele Dinge gesprochen werden kann, für die auf den Titelblättern und in den Köpfen dann kein Platz mehr ist.

Und im Bildungsbürgertum wird installiert, dass rechte Inhalte indiskutabel sein müssen.

Sie dürfen keine Plattform haben, wir dürfen nicht über die Ansätze sprechen, weil wir sie sonst „im Mund haben“. Damit hätten die Rechten schon mehr gewonnen, als ihnen zustünde.
Die Sorge ist, dass wir Fremdenhass schüren, indem wir darüber sprechen. Auch kritisch.

Wir dürfen keine Meinungen oder Diskussionen verbieten!

Wenn wir uns Befürworter*innen der Demokratie und Menschenrechte nennen wollen, dann liegt es in der Natur der Sache, dass wir auch freie Meinungsäußerung verteidigen! Und das gerade dann, wenn die Meinungen unbequem sind!
Stattdessen wird aber sogar die jüdische Künstlerin Nirit Sommerfeld darin beschnitten, sich in Deutschland, einem angeblich demokratischen Staat, kritisch über die israelische Staatspolitik zu äußern!

Es gibt keine Wahl mehr, wir müssen links oder scheiße sein.

Besonders problematisch ist, wie sich dadurch ein wirklich raues Klima aufbaut.
Selbst Themen, die an sich kaum etwas, manchmal auch wirklich gar nichts mit der rechten Ideologie zu tun haben, aber im rechten Spektrum als gut befunden oder zumindest besprochen werden, fallen damit unter die verbotenen Themen. Wenn dann noch ein Link geteilt wird, der inhaltlich zwar nur konservative bis neutrale Gedanken enthält, neben inhaltlich richtiger Information, muss das weg.
Dabei spielt keine Rolle, ob der*dem Teilenden bewusst war, dass dieser Link aus dem rechts-nahen, rechts-populistischen oder rechts-extremistischen Spektrum stammt.
Dadurch wird es zunehmend unattraktiv, der Umwelt etwas mitzuteilen.

Ein Eiertanz beginnt.

Was darf ich eigentlich noch sagen, ohne einen Shit-Storm zu riskieren?
Wer wenig Gefühl dafür hat, was gerade einfach besprochen werden kann, und was Eskalations-Potenzial mit sich bringt, oder einmal einfach Pech hatte, möchte sich dann oft nicht mehr am Diskurs beteiligen. Das ist die soziodynamische Komponente.
Der politisch hochbrisante Aspekt ist, dass so gut wie allem und jedem der braune Stempel aufgedrückt werden kann, was zunehmend passiert.

Der Gedanke hinter dem Wunsch, rechten Inhalten keine Plattform zu bieten lautet heruntergebrochen: Dumme Menschen, bzw. Nicht-Selbst-Denker*innen, werden sonst rechts.

Mit gedanklichen Verrenkungen schaffe ich die Herleitung, dass davon ausgegangen wird, dass die Leute das Thema dann im Kopf haben, und verwandten Themen gegenüber offener sind. Wenn der Beitrag aus dem rechten Spektrum kam, wären die verwandten Themen dann irgendwann also rechts. Und um die Leute vor dieser Entwicklung zu schützen, darf man den Inhalten keine Plattform bieten, wenn ich richtig geschlussfolgert habe.

Aber ist das wirklich okay?

Dürfen wir unsere Mitmenschen so bevormunden?

Sind Leute, die rechts-konservativ denken automatisch dumm?

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als mir zum ersten Mal offenbar wurde, dass sie das nicht sind. Ich war bass erstaunt, weil für mich, als Kind einer Familie mit Migrant*innenanteil so offensichtlich war, dass Rassismus und Fremdenhass total bescheuert sind.
Zuerst war ich schockiert und fassungslos. Mit der Zeit bin ich dann klargekommen, und wurde neugierig.

Wie kommt man dazu, Menschen abzulehnen, mit denen man keinerlei Berührungspunkte hatte?

Ich habe dann bemerkt, dass ich auch meine Vorurteile habe. Zum Beispiel, weil ich ja alle Rechten für dumm hielt. Sie fühlten sich so weit weg von mir an, dass es völlig logisch war, dass das irgendwelche Trottel weit, weit weg sein mussten.
Das stimmte aber nicht. Sie waren um mich herum, und ich wusste es einfach nicht. Es waren auch Leute mit ganz normalem IQ, völlig unauffällig. Es hat auch kaum jemand Parolen gegrölt oder meine Familie offen beleidigt, um sich zu outen.
Wenn dann herauskam, dass die politischen Ansichten zu weit auseinander lagen, habe ich Freundschaften aber schon auch beendet.

Am Land ist man dann aber relativ schnell allein.

Und ich habe immer mehr sehen gelernt, dass es okay ist, sich in gewissen Punkten zu zweinigen. Das bedeutet nicht, dass ich die Klappe halte, sondern dass ich nicht unnötig herumreite.
Menschen haben zum Teil übelst beschissene Ansichten, während sie trotzdem an sich wertvoll und sympathisch sind, und auch an der Gesellschaft wertvolle Dienste leisten. (Das ist eine allgemeine Aussage, ich meine niemand bestimmten, liebes Umfeld.)
Weil niemand von uns perfekt ist – festhalten – auch wir selbst nicht, sollten wir immer abwägen, bevor wir uns an einer Meinungsverschiedenheit aufhängen.

Im Internet geht das scheinbar nicht.

Und das hat auch seine guten Seiten, weil am Land vieles unangesprochen bleibt, um der lieben Harmonie willen. Im Internet haben wir mehr Distanz, es fällt manchmal leichter, kritische Dinge zu formulieren und den eigenen Namen dazuzusetzen. Schließlich haben wir die, die wir damit erreichen, nicht Auge in Auge gegenüber.
Entsprechend …direkt ist dann manchmal auch der Umgangston.

Aber genau das birgt doch die Chance, wirklich tolle Diskussionen über die schwierigsten Themen zu führen!

Wir haben Zeit zu reagieren, wir können nachdenken, recherchieren.
Zugegeben, kaum jemand nutzt das Potenzial auf diese Weise, aber das heißt nicht, dass es nicht da ist! Und es liegt an uns, den Schatz zu heben!
Diskussionen sind so viel fruchtbarer, demokratischer, menschenwürdiger, als Zensur!

Denn nichts anderes ist das Verbot von Quellen und Meinungen.

Es ist Zensur, und damit ein Grundbaustein des Faschismus. In sich also rechts, obwohl von den Linken gegen Rechte verwendet. Die Katze beißt sich in den Schwanz, es ist absurd!
Doch auch hier legt die kognitive Dissonanz ihren schützenden Mantel über den klaren Verstand. Meiner Vermutung nach hat das in diesem Punkt etwas mit dem kollektiven Schuld-Trauma zu tun.

Deutsche haben gelernt, sich für ihre Herkunft zu schämen.

Das ist besonders interessant, weil wir Österreicher*innen, die ja Hitler hervorgebracht haben, nicht mal auf den Gedanken kämen, uns deshalb für irgendetwas zu schämen. Auch wir lernen in der Schule, dass wir nie wieder Krieg wollen, und dass es wichtig ist, alle zu respektieren, aber wir schämen uns doch nicht dafür, was unsere Vorfahren getan haben.
Bei uns wird auch nicht so krass verankert, dass der Nationalsozialismus schlimmer als alle anderen Verbrechen der Menschheitsgeschichte war. Wir lernen zwar kaum bis nichts von anderen Kriegsverbrechen, aber Massenvernichtung ist bei weitem kein deutsch-österreichisches Monopol. Das Experiment „The Third Wave“ (Die Welle) zeigt schließlich auch, dass es wirklich schwer ist, sich der Dynamik zu entziehen.

Und genau deshalb müssen wir reden!

Wir dürfen nicht blind verdrängen, verurteilen, verneinen. Wir müssen und an den runden Tisch setzen und schauen, welche Ängste und Bedürfnisse bei den Rechten da sind. Welche sind real, welche sind durch die Medien geschürt?
Gleiches mit den Linken und natürlich auch den Flüchtlingen selbst. Was stimmt?

Es gibt auf beiden Seiten Wahrheiten und Unwahrheiten.

Als Negativ-Beispiel von links fällt mir etwa der Standard-Artikel zu den unbegleiteten Flüchtlings“kindern“ ein. Da wurde heftig auf die Tränendrüse gedrückt, ohne klar zu benennen, dass alle als Kinder zählen, die sich als minderjährig, also unter 18 Jahren ausgeben. Das ist manipulativ und irreführend. Genau das, was Günter Wallraff in seinem Bestseller „Der Aufmacher“ kritisiert hat.

Lernen wir denn nie?

Das Beispiel von rechts liefert die AfD, die aus 5 anerkannten Flüchtlingen 5% „echte“ Flüchtlinge aus Seenotrettung macht, und damit den MDR-Beitrag verdreht, in dem von 52% abgelehnten Asylanträgen die Rede ist.

Ich habe keine Studie dazu durchgeführt, aber ich vermute ehrlich gesagt trotzdem, dass die Rechten sich dieses Vergehens öfter schuldig machen.

Was allein schonmal daran liegen könnte, dass sie es nötig haben. Sie müssen aufregen. Sie sind noch nicht richtig salonfähig, und müssen nun erstmal laut herumschreien, um sich Gehör zu verschaffen.
Inzwischen ist aber eine gewisse Masse erreicht, die Schriften werden sachlicher, meine ich.

Rechtspopulismus verbreitet sich.

Und damit wir nicht noch weiter auseinander getrieben werden, den Kontakt zueinander verlieren, um uns irgendwann auf der Straße gegenüberzustehen, möchte ich, dass wir reden.

Wir müssen ganz, ganz genau hinschauen, gemeinsam.

Was stimmt, was nicht?

Die vorgefertigten Häppchen der öffentlich-rechtlichen Medien eignen sich dafür schon lange nicht mehr. Wir müssen selbst aktiv werden, gründlich recherchieren, und Erfahrungen sammeln. Wir müssen uns verschiedene Seiten anhören. Was erzählen Pero und Brigitte von der SOS Balkanroute? Was hören wir von Mitarbeitern der öffentlichen Einrichtungen, die mit Flüchtlingen arbeiten? Wovon erzählen Polizist*innen? Was sagen die sauber geprüften Kriminalitätsraten?

Zum Abschluss möchte ich noch einen TED-Talk mit euch teilen, der mich wirklich berührt hat.

Ein mustergültiges Beispiel für Friedensstiftung durch Daryl Davis, Schwarz, der sich mit einem hochrangigen Mitglied des Ku-Klux-Klans angefreundet hat.
Im gezeigten Fernseh-Beitrag sehen wir Davis unverhüllt bei einer Veranstaltung, respektvoll integriert und willkommen. Er sitzt im Publikum und hört aufmerksam zu. Manchmal macht er sich Notizen.

Sie stimmen nicht in allen Punkten überein, aber in manchen. Und sie respektieren sich.

Der Schlüssel-Faktor für diese wunderschöne Entwicklung: Er war ehrlich interessiert.

Hier sehen wir auch nochmal die adere Seite, ein Ex-Rechtsextremist,der sein Leben umorientiert hat:

Auch hier geht es darum, Berührungspunkte zu schaffen, frei von Vorwürfen und Schuld. Picciolini erzählt, dass Menschen zu Extremisten wurden, um dazuzugehören, und dass Mitgefühl und Kontakt die Schlüsselfaktoren waren dafür, sich umzuorientieren.

Nochmal eins zum Lachen:

 

Bitte nehmen wir uns ein Beispiel. Bitte lasst uns von diesen Menschen lernen.

 

 

 

 

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Hier schreibt Mira. Hauptberuflich Lebenskünstlerin mit Fokus auf Heilkunde, Mutterschaft und die Entfaltungsprojekte.

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